Bewusst Tauchen mit dem EOBV
Das kleine 1 x 1 der Ökologie
Bewusst Tauchen mit dem EOBV
Der EOBV war einer der ersten Tauchverbände die ökologische Aspekte in ihrem Lehrinhalt aufnahmen und den Tauchschülern weiter vermittelten. Wozu auch der leider schon verstorbene Tauchpionier und Ehrenmitglied des EOBV, Professor Dr. Hans Hass, seinen Beitrag und diverse Anregungen gab. Es liegt seit langem im Sinne des EOBV nicht nur die Tauchlehrer, sondern auch die Tauchschüler in Bezug auf die Natur der Unterwasserwelt zu sensibilisieren und ein sich der Umgebung bewusstes Tauchen zu fördern. Gerade der Unterwasserbereich ist auf Grund seiner an und für sich konstanten Lebensbedingungen gegenüber Störungen von außen sehr empfindlich. Jeder Erholungssuchende, der diesen Lebensraum zur eigenen Entspannung nützt, sollte sich dessen immer bewusst sein. Vielleicht gelingt es mit Hilfe dieses Beitrages bei Interessierten Tauchern ein ökologisches Wissen aufzubauen, das in ein ökologisch behutsames Verhalten mündet.
Leider bedient sich auch die Ökologie eines eigenen Vokabulars, das wahrscheinlich nicht jedermann zugänglich ist. Daher möchte ich hier auch einige dieser Begriffe darstellen und erläutern.
Ökologie beschäftigt sich mit Zusammenhängen und Abhängigkeiten. Sie beschreibt das Zusammenspiel der Organismen mit ihrer Umwelt. Im Grunde ist die ganze Biosphäre der Erde also jener Bereich, in dem Leben stattfindet (von der Tiefsee bis in die unteren Atmosphärenschichten) ein einziges Ökosystem. Der Regenwald Südamerikas beeinflusst uns genauso wie die Sahara. Dass wir klimatisch und damit auch wirtschaftlich von Meeresströmungen abhängen, ist auch an den Auswirkungen des Phänomens „El Nino“ deutlich zu erkennen. Der Einfachheit halber wird die Erde in „Untereinheiten“ (Ökosystem) aufgeteilt, da eine Betrachtung kleinerer Lebensräume leichter fällt. Ein Ökosystem kann also ein See, ein Weltmeer, ein Gebirgszug, ein Wald, oder aber auch ein Tümpel oder ein Stück Totholz mit seinen charakteristischen Bewohnern sein.
Ein Ökosystem ist definiert als die Summe aus Lebensräumen (Biotopen), die ein System bietet und den darin auftretenden charakteristischen Lebensgemeinschaften (Biocönosen):
Ökosystem = Biotope + Biocönosen
Innerhalb dieses Systems besetzt jede Art eine Ökologische Nische. Verschiedene Arten können zwar denselben Lebensraum besetzen, aber nie dieselbe Nische.
Eine ökologische Nische kann räumlich verstanden werden (unterschiedliche Lebensräume: z.B.: Fische des Uferbereichs, oder Fische des offenen Wassers), so eine Nische kann aber auch zeitlich aufgefasst werden.
Tiere teilen sich denselben Lebensraum, jedoch ist eine Art tagaktiv, die andere nachtaktiv. Normalerweise sind Nischen, die ein System bietet, auch besetzt. Man könnte diese Nischen mit unseren Berufsgruppen vergleichen.
Ein gesundes Ökosystem befindet sich im Zustand der Homöostase, d. h. das System befindet sich im Fließgleichgewicht. Arten- und Individuenzahl reguliert sich von selbst, der Energiefluss durch das System ist konstant:
Energiezufuhr = Energieverlust.
Je verzweigter die Beziehungen in einem System sind, desto stabiler stellt es sich normalerweise dar.
Werden Systeme allerdings gestört (Veränderungen der Umwelt, menschliche Einflüsse..), versuchen sie sich in einer neuen Homöostase einzupendeln, gelingt dies nicht, brechen sie zusammen.
Für jedes Lebewesen – Bakterien, Pflanzen, niedere Tiere Pilze, Höhere Tiere – existieren Einflüsse aus der unbelebten (abiotischen) und aus der belebten (biotischen) Umwelt.
Abiotische Einflüsse:
- TEMPERATUR
- WASSER
- SONNENLICHT
- WIND
- GESTEIN UND ERDE
- PERIODISCHE STÖRUNGEN
- STRÖMUNGEN
- WASSERZIRKULATION
Biotische Einflüsse
Alle Arten von Lebensgemeinschaften:
Z.B.:
- RÄUBER – BEUTEVERHÄLTNIS
- SYMBIOSEN
- PARASITISMUS
- NAHRUNGSKETTEN UND -NETZE
Wie oben erwähnt werden diese Beziehungen durch Ereignisse (Naturkatastrophen, langfristige Änderungen wie Verschmutzung, oder Klimawandel, wirtschaftliche Nutzung, Nutzung als Erholungsraum) gestört.
Je rasanter die Veränderungen sind, desto weniger gelingt es dem System sich anzupassen.
Taucher sind insgesamt gesehen derzeit noch keine allzu große Störung. In manchen intensiv frequentierten Gebieten, wie etwa Sharm el Sheik am Roten Meer, lassen sich trotzdem schon weitreichende Konsequenzen des Tauchbetriebs feststellen. Die Unberührtheit der Riffe, die ich noch 1989 genießen durfte, ist an einigen Tauchplätzen einer Steinwüste aus abgestorbenen Korallen gewichen.
Die Korallenbleiche einiger Maledivenatolle, die durch die warme und viel zu lang andauernde Meeresströmung „El Nino“ verursacht wurde, ist vielerorts deutlich zu erkennen. Normalerweise leben Korallen in Symbiose mit Algen (Zooxanthellen) Der Korallenpolyp bietet Schutz, die Alge versorgt den Polypen mit Nahrung. Wird das Wasser zu warm wandert die Alge aus und das führt zur Korallenbleiche. Dauert die Trennung einige Wochen, sterben die Polypen ab und ganze Riffe verschwinden. Derzeit ist dies z.B.: auf den Malediven aber auch am Great Barrier Reef in Australien zu beobachten.
Genau so empfindlich reagieren auch unsere Seen, wenn nicht auf umweltschonendes Verhalten Wert gelegt wird. Wir bewegen uns ja hauptsächlich in dem sehr sensiblen Lebensraum „Uferzone“, der Zufluchtsort vieler Tierarten und vor allem deren Kinderstube ist, der aber gleichzeitig auch der Hauptlebensraum der Unterwasserpflanzen ist. Daher ist es wichtig die Beeinträchtigung beim Einstieg auf ein Minimum zu reduzieren und –wo vorhanden- befestigte Einstiege zu verwenden.
Gerade die Produktivität der Unterwasservegetation kann z. B.: durch schlampiges Tarieren empfindlich gestört werden. Wird Sediment aufgewirbelt, setzt es sich auf den Pflanzen ab, deren Fähigkeit zur Fotosynthese wird vermindert und es steht insgesamt weniger Nahrung für tierische Seebewohner zur Verfügung. Pflanzen sind ja, abgesehen von einigen Bakterien, die einzigen Lebewesen, die die Energie der Sonne in organische Substanz umwandeln können. Dazu muss das Licht zumindest in die oberen Zellschichten vordringen, was bei Sedimentbedeckung erschwert ist.
EOBV Ressortleiter Ökologie, Mag. Christian Hofinger
Fotos: Heinz Toperczer, Stefan Arnesch